Zum Klimaschutz Stadt und Land neu denken

Früher lebte die Stadt vom Land, heute ist es umgekehrt, hat der Vordenker der Ländlichen Entwicklung Sixtus Lanner vor gut 20 Jahren festgestellt.  Deshalb kam wohl im Bundestagswahlkampf das Land nur vor, um in der Klimadebatte den Autoverkehr zu begründen oder mit 5G an jeder Milchkanne seine Modernisierung zu fordern. Der urbane Zeitgeist sieht eben das Land als idyllischen Freizeitpark, in dem er mehr Wildnis wünscht.  Die Sicht aus der Stadt also ein Widerspruch in sich?  Zwischen Stadt und Land hat sich eine Handvoll Supermarktkonzerne geschoben, die die Herkunft ihrer Rohstoffe mit idyllischen Bildern bekunden, aber die Landbewirtschaftung unter Kostendruck setzen. Die Politik versucht diesen Widerspruch zu vermitteln mit Fordern und Fördern von Klima-, Tier- und Umweltschutzmaßnahmen ohne die dazu notwenigen Beziehungen zwischen Stadt und Land wieder herzustellen.     

Die hat 1830 der Gutsbesitzer und Ökonom Heinrich von Thünen mit dem obigen Bild beschrieben. Vor Eisenbahn und Auto hat er erkannt, dass die empfindlichsten Lebensmittel, wie Gemüse und Frischmilch, in direkter Nähe der Stadt erzeugt werden müssen. Auf diesen ersten Thünen‘schen Kreis folgte der zweite mit der zur Brennholzversorgung notwenigen Forstwirtschaft. Erst dann kam der Ackerbau als Fruchtwechselwirtschaft für Brotgetreide und Kartoffeln und dahinter die Koppel- zur Dreifelderwirtschaft, wo Weiden und Brache als Fruchtfolgeglieder die Viehzucht auf Waldweiden als äußerstem Kreis ergänzte, weil die Tier ja auf eigenen Füßen den Weg zum Schlachter in der Stadt zurück legen konnten.

Heute trägt die Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft in Braunschweig den Namen Thünen. Die Thünenschen Kreise müssten in Zeiten der Klimaerwärmung neu geschrieben werden, denn die Entwicklung zur totalen Mobilität hat die verschiedenen Kulturen von der Nähe auf den günstigsten (oder besser billigsten) Standort verschoben und über den Strukturwandel die Landwirtschaft fremdenergieabhängig gemacht. Zusammen mit dem überregionalen Transport verbraucht unser Versorgungssystem Unmengen (billige) Energie und belastet mit dem CO2-Ausstoß das Klima. Dieser Hintergrund kommt in der derzeitigen Klimadebatte noch gar nicht vor.

Dennoch gibt es eine Reihe von Bewegungen, die an der Versorgung in der Stadt vom Land neue Wege erproben. Von Direktvermarktung über Ernährungsräte, Foodcoop’s, Solidarischer Landwirtschaft bis zu Regionalwert-AG’s.  Ihre Triebkräfte sind die Wertschöpfung selbst in der Hand zu halten und das Vertrauen in die Herkunft. Möglich sind diese Bewegungen mit der gewohnten Mobilität. Eine Mobilitätswende im Sinne des Klimaschutzes wird letztendlich an der Rationalisierung der gefahrenen Km nicht vorbei kommen. Die Vordenker der Discounter hatten das schon erkannt, aber zu ihren Gunsten perfektioniert. 

Klimaneutrale Versorgung ist mehr als regional, fair oder bio. Es geht darum, sich mit  Lebensmitteln mit geringstem Energieaufwand und damit Klimaentlastung zu versorgen. Das Land also nicht nur für die Freizeit zu sehen, wie es die bisherige Ländliche Entwicklung überwiegend tut, sondern den regionalen Kreislauf zwischen Stadt und Land wieder herzustellen. Um die Städte die Thünen’schen Kreise neu zu denken. Das heißt für die Städte Verantwortung für regionale Verarbeitungsstrukturen zu erkennen, für die Ernährungspolitik lokale Strukturen besser zu unterstützen als globale und für die Landwirtschaft, nicht überall an der derzeitigen Spezialisierung festzuhalten. Denn bei unseren Infotouren haben wir überall erfahren, dass erfolgreiche regionale Versorgungsprojekte  mehr als üblich Massenprodukte brauchen: 

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