Schlagworte machen keine Zuversicht

Was hemmt die Zuversicht, war die Frage bei unserem Schwarzwaldbauerntreff am 2. Februar 2023 im Hirzwald.  Hat doch der Bundeskanzler in seiner Neujahrsansprache Zuversicht gefordert und  Dr. Florian Leiber uns beim Int. Tag der Berge im Dezember für Grünland und die Berglandwirtschaft Zuversicht aufgezeigt. Während zwei Drittel der landwirtschaftlichen Fläche unserer Erde nicht ackerwürdiges Grasland sind und in den Bergen fast die ganze offene Fläche, das nur über Tiere zur Ernährung beiträgt, wird politisch die Reduzierung der Tierhaltung zum Klimaschutz pauschal mit leeren Schlagworten wie Umbau gefordert. Wir erinnern deshalb an die logische Frage von Dr. Leiber:

Können wir es uns zukünftig leisten, die lokalen und globalen Grünlandressourcen unzureichend zu nutzen?

In seinem Projekt Feed no Food am  Forschungsinstitut für biologischen Landbau hat Leiber festgestellt, dass die Erzeugung des für uns lebensnotwendigen Eiweiß über die Symbiose Grasland mit Wiederkäuern effizienter ist, als mit Ackerfrüchten gefütterten Schweinen und Geflügel. Das gilt für Milchkühe und Mastrinder erst recht. Denn effizient ist nur, was einen Mehrwert in Form von Nahrung für Menschen und für die Bodenfruchtbarkeit bringt, was neuerlich regenerativ genannt wird.

Fördert  oder hemmt die Agrarpolitik die Milch- und Fleischerzeugung vom Grünland?

Beim Blick in das neue System der agrarpolitischen Direktzahlungen der neuen GAP 22-27 sucht man eine direkte Förderung effizienter Grünlandnutzung vergebens, obwohl Grünland neben dem Wald die wichtigste CO2-Senke ist, weil über den Humusaufbau CP2 bindet.  Statt diesen Vorzug gegenüber anderen Kulturen zu honorieren, stehen hinter neuen Schlagworten wie Konditionalität und Ökoregeln alte Instrumente wie Umbruchverbot, Extensivierung und Randstreifen, die eigentlich keine Wirkung zugunsten des Grünlandes bewiesen haben. Zudem konkurrieren die neuen Ökoregeln mit den bisherigen Agrarumweltmaßnahmen des FAKT, was eher zur Verringerung der Grünlandförderung führt, weil Konditionalität und Ökoregeln die Basis für die bewährten FAKT-Maßnahmen erhöhen.  Doch als Begründung ist bei allen Maßnahmen Biodiversität-, Klima- und Tierschutz zu finden. Wir fragen, wo bleibt die Logik für Grasland und Wiederkäuer und hat die keine Lobby?

Milch- und Fleisch vom Grünland am Markt

Äm Markt wird zwar gerne mit weidenden Tieren geworben, aber auf der Weide ernährte Tiere sind am Markt benachteiligt. Sowohl das Handelsklassensystem für Schlachtrinder (EUROP) begünstigt Tiere aus der Mast mit Ackerfrüchten (Mais und Soja) als auch die Bezahlung der Milch nach Eiweiß- und Fettgehalt. Diese Systeme regen vielmehr dazu an, mit zusätzlichem Kraftfutter die besser honorierten Qualtäten anzustreben. Zudem  fördert der Preisdruck den Glauben an geringere Stückkosten durch höhere Milch- oder Fleischleistung und damit die Zucht von Tieren, die mit Futter vom Grasland nicht auskommen. So vernebelt der Markt mit Marketingschlagworten wie Weidemilch oder Weiderinder den Blick darauf, warum der Strukturwandel die Graslandgebiete von Tieren und Bauern ausräumt. Denn Marketingbegriffe sind Kampfbegriffe aus dem Wettbewerb. Ihnen fehlt die starke Geschichte, die Drt. Leiber fürs Grasland fordert und beispielsweise Irland vormacht.

Woran soll sich ein rechter Bauer orientieren? 

Diese Frage ist zentral, weil sie die schrumpfende Minderheit der Bauern spaltet. An Markt und Förderung orientieren oder an der effizienten Nutzung des Landes als unser eigentliches Kapital. Sind Bauern mit den höchsten Leistungen je Tier die richtigen Bauern oder diejenigen, die mit der Leistung vom Futter am Standort zufrieden sind? Oder die die Ränder eingrünen um Biodiversität zu demonstrieren oder die in der Landschaft Vielfalt mit Zwischenräume zulassen? Oder sind diejenigen die richtigen Bauern, die sich in Marktnischen einnisten oder die die das ganze Umfeld sehen?  Bei  diesem internen Meinungsstreit, was ein rechter Bauer ist, sollte es nicht weiter um entweder oder gehen, sondern um mehr oder weniger. Denn wer den Tunnelblick vom eigenen kurzfristigen Erfolg auf Markt und Gesellschaft öffnet, erkennt, wie das System funktioniert. Und dass es nicht nachhaltig ist, sondern effiziente und regenerative Entwicklungen braucht, wie es Grasland möglich macht. Erst mit diesem Blick ist von Markt und Politik Zuversicht für Grünlandregionen zu erwarten. Die aktuelle Studie von Slowfood für eine umweltgerechte und nachhaltige Fleischwirtschaft am Beispiel Rind ist eine Anregung. Der Club of Rome zeigt mit seinem neuen Survialguide (Weg zum Überleben), dass die Landwirtschaft nicht allein reformiert werden muss, sondern unser ganzer Wirtschafts- und Lebensstil.

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