Faire Preise oder Subventionen?

Diese häufig gestellte Forderung war Thema unseres Aschermittwochsgespräch am 14. Februar 2024. Offenbaren doch die Demonstrationen, dass Landwirte in den Preisen den tatsächlichen Wert vermissen und mit den Subventionen wegen ihrer Bürokratie unzufrieden sind. Die Hintergründe dieser Situation erklärte Prof. Dr. Onno Poppinga und was Agrarpolitik und Administration verschleiern. Dazu erinnerte er an die Agrarreform 1992, wo der Landwirtschaft ein kombiniertes Einkommen zugestanden wurde aus Direktzahlungen und auf Weltmarktniveau gesenkte Preise. Doch um die Direktzahlungen herrscht Verwirrung zwischen Einkommensausgleich und Honorierung für gesellschaftliche Leistungen.

Inder Forderung nach Fairen Preisen sieht Poppinga einen Sack voller Probleme. Ein Problem ist die in der Kultur der bäuerlichen Landwirtschaft tief verwurzelte Vorstellung, nur der sei ein guter Bauer, der hohe Erträge auf dem Acker und hohe Milchleistung im Stall erwirtschafte. Zugleich sind Eigentum und Selbständigkeit für Bauern und Bäuerinnen ein hohes Gut. Ab den 50iger Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurde Landwirten in ihrer Ausbildung die Unternehmerideologie beigebracht, die aber etwas ganz anderes ist, wie das Streben, auf einem schulden- und pachtfreien Hof Erfolg zu haben. Durch das angesagte Wachstum richtete sich dies Streben jetzt gegen andere Landwirte!

Wer über „faire Preise“ nachdenkt, der muss sich freimachen vom Denkgebäude der wissenschaftlichen Agrarökonomie forderte der kritische Ökonom Poppinga auf. Denn in der klassischen Ökonomie haben Preise nur die Funktion Knappheiten anzuzeigen. Weshalb der Begriff Faire Preise auch erst in den Auseinandersetzungen um den Internationalen Agrarhandel entstanden ist. Aber ähnliche Formulierung fänden sich schon im Gründungsvertrag der EU und im deutschen Landwirtschaftsgesetz von 1955 als angemessene Preise. Deshalb muss die Unternehmerideologie Im Zusammenhang mit der Wachstumslandwirtschaft gesehen werden, denn als deren Folge stieg die Produktion stark an, überstieg die Nachfrage und die Preise fielen. Die Landwirte gerieten in eine Tretmühle.

Dieses meriokratische (Leistungs-) System ist nicht auf die Landwirtschaft beschränkt, sondern durchzieht unsere gesamte Gesellschaft seit vielen Jahren und immer stärker. Es besteht darin, die Gewinner und Erfolgreichen in den Himmel zu heben und die Verlierer des ökonomischen Systems zu stigmatisieren. Womit sich der Kreis zur Vorstellung schließt, dass ein guter Bauer sei, der hohe Erträge auf dem Acker und hohe Milchleistung im Stall erwirtschafte. Ein Problem ist, dass zur Durchsetzung fairer Preise, auch über Mengen geredet werden muss. Beim Milchstreik 2008 zeigte sich, dass das für Bauern ein großes Problem ist. Ein weiteres Problem für die Forderung nach „Fairen Preisen“ ist auch das Genossenschaftssystem. So gut die Genossenschafts-idee an sich ist, so unbefriedigend ist ihre ökonomische Wirkung Die Landwirt liefern ab und sind Preisnehmer. Weil bei der Forderung nach fairen Preisen bisher so gut wie gar nicht behandelt wird, wie sie berechnet werden sollen, hat Onno Poppinga mit Karin Jürgens Pionierarbeit geleistet. Indem sie die tatsächlichen Milcherzeugungskosten berechnen aus pagatorischen (tatsächlichen) Kosten und dem Einkommensanspruch der Selbständigen Bauern. Damit belegen sie, warum an der Strategie von Wachsen und Leistungssteigerung der Lack ab ist.

Weshalb Prof. Poppinga schon immer auf der Suche nach Auswegen ist. Zum ersten nannte er die Erinnerung, wie sie das aktuelle Buch „Ein Hof und elf Geschwister“ umschreibt. Zum zweiten erinnerte er an Kämpfe um faire Preise wie den Milchlieferstreik 2008. Zum dritten weist er hin, wie mit ökologischem Landbau, neuen Standbeinen oder sparsamer Landwirtschaft (mit wenig Kraftfutter) versucht wird dem Wachstumsdogma zu entkommen, aber Erfolge rasch zur Konventionalisierung in die alte Tretmühle führt. Deshalb schlägt Poppinga zum vierten ehrenwerte Direktzahlungen nach Schweizer Modell vor, solange Weltmarktpreise bleiben. Schließlich hofft er zum fünften auf einen eigenständigen europäischen Binnenmarkt mit Mindestpreisen und Mengensteuerung. Dazu muss sich das bäuerliche Selbstverständnis wandeln vom guten Produzenten zum zufriedenen Leben.

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