Ernte optimieren statt maximieren

Seit dem Krieg in der Ukraine ist eine wirre Diskussion um Versorgungssicherheit in Gang. Zum Ausfall der Importe soll mehr Getreide angebaut werden und zum Klimaschutz die Tierhaltung reduziert werden. Grasland in den Bergregionen kommt in der Debatte überhaupt nicht vor, die Kuh aber als Klimakiller. Deshalb haben wir zu unserem Erntedankgespräch am 27. September 2022 das Thema gewählt: Beim Erntedank auch an Kuh und Gras denken! Dazu haben wir den unermüdlichen Anwalt für Kuh und Gras, den 85-jährigen Professor Dr. Alfred Haiger aus Wien, eingeladen, der schon immer weiterdenkt als Politik und Medien.  

Die Abhängigkeit der Petrokultur

Haiger begann seinen Vortrag damit, dass man schon in der Ölkrise 1973 von der Abhängigkeit der Petrokultur hätte lernen können. Weil die Politik aber vom Kapital, dem Geldadel, abhängig sei, habe sie wenig Interesse an unabhängigen Entwicklungen. In diesem kapitalistischen Wirtschaftssystem schrumpft die Zahl der Bauern und auch die Landwirtschaft wird mit Fremdenergie industrialisiert. Wodurch sich auch das Verhältnis von Tier und Tierhalter verändert habe. Aber der Glauben an Wohlstand und Überfluss beutet andere Länder aus. Haiger aber hat Haiger seine Forschungsziele an den 1973 auf das  Vierfache gestiegenen Öl- und Sojapreisen orientiert auf die Kernfrage, kommen Hochleistungskühe zurecht, wenn Kraftfutter knapp wird? Die Ergebnisse überraschten, weil in den ersten Versuchen die damaligen milchbetonten Schwarzbunten besser zurechtgekommen sind, als kombinierte Fleckviehkühe. Seither warnt der Tierzuchtprofessor vor extremen Zuchtrichtungen und betont die naturgemäße Zucht.  

Fotosynthese als Schöpfung

Deshalb stellt Haiger die Kuh in Zusammenhang mit dem Gras. Denn tierisches wie menschliches Leben sei in der Evolution erst möglich geworden durch die Fotosynthese grüner Pflanzen, die aus Wasser (H20) und Kohlenstoff (CO2) Sauerstoff (O2) freisetzen. So ist eine komplexe Lebensgemeinschaft von Boden, Gras und Grasern entstanden. Im Boden sind gewichtsmäßig zehnmal so viel Kleinlebewesen tätig, wie sich Graser darauf ernähren können. Aus den Feinwurzeln des Graslandes bauen sie Humus auf, der den Boden fruchtbar macht. Das Gras wiederum schützt ihn vor Erosion und bildet die größte Biodiversität. Wenn jedoch die Graser (wie Rinder, Schafe, Ziegen) fehlen, verbuscht die Landschaft und wird zum Wald. Naturgemäßes Wirtschaften ist also Teil der Schöpfung, indem das Verhältnis von Bodenleben, Gras und Grasern optimiert wird.  

Wiederkäuer das 5. Lebenselement

Schon die Griechen hätten Erde, Wasser, Luft und Feuer (Sonne) die Lebenselemente genannt, erinnerte Haiger. Beim Wachstum der Pflanzen wird Zucker aus der Fotosynthese über Stärke zu Cellulose umgebaut, die die Stengel stabilisiert. Doch dieses neudeutsch Biomasse genannte Gras können Menschen nicht verdauen. Das können nur Wiederkäuer, die Haiger deshalb das 5. Lebenselement nennt. Aus über 100 Wiederkäuerarten wurden Rind, Schaf und Ziege zu Nutztieren domestiziert. Diese Wiederkäuer sind zudem effektive Eiweißverwerter. Um 1000 kg lebensnotweniges  Eiweiß zu erzeugen, sind nur 5 ha Grünland mit Wiederkäuern nötig, aber 10 ha Acker mit Schweinen oder Hühnern. Mit diesen Leistungen pflegen Wiederkäuer auch die Landschaft.      

Zucht auf Höchstleistung hebelt die Vorteile aus

An den richtigen Schrauben drehen, forderte Haiger auf. Mit klaren Zahlen belegte er, dass der ökonomische Effekt der Stückkostensenkung durch höhere Milchleistung längst überschritten ist. Zum Preis der gesunkenen Nutzungsdauer der Kühe. Und das für immer höhere Leistungen erforderliche Kraftfutter verdrängt das naturgemäßes Futter Gras aus der Futterration und lässt die Milchkühe in Ackerbauregionen abwandern. Die Grafik des Titelbildes zeigt, wie mit steigenden Leistungen für die Milcherzeugung immer weniger Grasland notwendig ist und die Leistungssteigerung auch den Kuhtyp verändert hat. Weshalb Haiger schon früh die Mutterkuhhaltung zur Nutzung des freien Grünlandes empfohlen hat. Auf den Weiden sind die vermeintlich modernen Kuhtypen nicht zu übersehen, was auch die Verfechter der Weide als billigste Futterquelle erkannt haben und eine standortangepasste Weidekuh fordern. Doch der züchterische Mainstream zu höherer Leistung wird aktuell durch die genomische Zuchtwertschätzung und Spermasexing weiter beschleunigt. Damit wird auch das naturgemäße Prinzip, Milch von den Kühen und Fleisch von den Stieren, verlassen. Kälber von Hochleistungskühen sind nicht mehr mastwürdig, weshalb zur Kreuzung werden Hochleistungs-fleischrassen eingesetzt werden, die aber Schwergeburten mit sich bringen. Diese extremen Zuchtrichtungen lehnt Haiger ab mit dem Hinweis, wer nicht warten kann, soll keine Rinder züchten, sondern gleich ins Spielkasino gehen.    

Zucht auf Langlebigkeit statt auf Höchstleistung  

Zuchtverbände werben gern mit einzelnen Kühen mit hohen Lebensleistungen. Doch in den Abstammungen der Zuchtbullen dominieren immer mehr junge Kühe mit dem Versprechen von Zuchtfortschritt. Der Tierzuchtprofessor Haiger verfolgt dagegen das von Professor Frederik Bakels entwickelte Zuchtkonzept mit Linien hoher Lebensleistung. Die Ergebnisse von Höfen der von ihm initiierten Arbeitsgemeinschaft österreichischer Lebensleistungszüchter (AöLZ) bestätigen eine 50 % höhere Lebensleistung ihrer Kühe. Und Bullen aus diesen Linien führen sogar die internationale Zuchtwertliste für Nutzungsdauer an. Der Kern dieser Zuchtmethode liegt in der Auswahl von Kuhlinien mit überdurchschnittlicher Lebensleistung. Damit widerspricht Haiger dem züchterischen Grundsatz, dass der Bulle die halbe Herde sei. Denn die Forschung habe festgestellt, dass in der Vererbung nicht nur die Gene der Zellkerne sich kombinieren, sondern Fitnessmerkmale wie Lebensdauer von Müttern direkt auf Töchter weitervererbt werden. Worin Haiger die alte Züchterweisheit von Kuhfamilien oder Stutenstämmen bestätigt sieht.

Ernährungssicherung braucht eine andere Zucht

Linien mit überdurchschnittlichen Lebensleistungen hatte Bakels in den 1950er Jahren nur in der amerikanischen Holstein-Frisianzucht gefunden, wohl weil hierzulande infolge der Weltkriege die Zuchtziele häufig wechselten. Mit diesen von Bakels ausgewählten Linien züchten einige sog. Gründerbetriebe bis heute erfolgreich weiter. Ihre Kühe sind langlebig, robust, aber keine modernen Milchtypen, aber im Wettbewerb der Milchzuchtwerte fallen sie nicht auf. Denn ein Blick in Kataloge der Besamungsorganisationen offenbart bei sinkenden Kuh- und Besamungszahlen einen selbstmörderischen Wettbewerb um Milchwerte. Haiger zeigt, dass es anders geht, indem er seit Jahren von allen österreichischen Rassen Bullen mit überdurchschnittlichen Lebensleistungen der weiblichen Vorfahren in einem Katalog der AöLZ dokumentiert und empfiehlt. Informationen über die weiblichen Vorfahren werden in den Bullenkatalogen der Zuchtorganisationen aber durch Zuchtwertschätzungen für immer mehr Merkmale verdrängt. Schätzungen zum Maximieren der Leistung oder wie Haiger sagt, der Mensch maximiert, aber die Natur optimiert. Die Optimierung von Boden, Grasland und Graser wäre der wichtigere Beitrag zur Ernährungssicherung als nur die Tierhaltung umbauen zu wollen. Denn zwei Drittel der landwirtschaftlichen Nutzfläche der Erde sind Grasland und auch im Schwarzwald ist es wichtigste landwirtschaftliche Nutzung. verdrängende kurzsichtige ZuchtmethoMit Haigers Vortrag zum Erntedank wollen wir bewusst machen, dass die Gras und Kuh de die Zukunft aller Schwarzwaldbauern gefährdet. Und wie Haiger sagt, beim Züchten in Generationen denken.     

Unsere Landschaft braucht Lebens- statt Höchstleistungen

Überdurchschnittlichen Lebensleistungen hatte Bakels in den 1950er Jahren aber nur in der amerikanischen Holstein-Frisianzucht gefunden, wohl weil hierzulande infolge der Weltkriege die Zuchtziele häufig wechselten. Mit diesen von Bakels ausgewählten Linien züchten einige sog. Gründerbetriebe bis heute erfolgreich weiter. Ihre Kühe sind langlebig, robust, aber keine modernen Milchtypen und im Wettbewerb der Milchzuchtwerte fallen sie nicht auf. Denn unter den Zuchtorganisationen herrscht bei sinkenden Kuh- und Besamungszahlen ein selbstmörderischen Wettbewerb um Milchwerte. Haiger zeigt, dass es anders geht, indem er seit Jahren von allen österreichischen Rassen Bullen mit überdurchschnittlichen Lebensleistungen der weiblichen Vorfahren in einem Katalog der AöLZ dokumentiert und empfiehlt. Informationen über die weiblichen Vorfahren werden in den Bullenkatalogen der Zuchtorganisationen aber durch Zuchtwertschätzungen für immer mehr Merkmale verdrängt. Schätzungen zum Maximieren der Leistung oder wie Haiger sagt, der Mensch maximiert, aber die Natur optimiert. Die Optimierung von Boden, Grasland und Graser wäre der wichtigere Beitrag zur Ernährungssicherung als nur die Tierhaltung umbauen zu wollen. Denn zwei Drittel der landwirtschaftlichen Nutzfläche der Erde sind Grasland und auch im Schwarzwald ist es wichtigste landwirtschaftliche Nutzung. Doch die kurzsichtigen einseitig leistungssteigernden Zuchtmethoden gefährden die Symbiose von Gras und Kuh. Für die Zukunft aller Schwarzwaldbauern muss deshalb, wie Haier sagt, die Zucht wieder in Generationen gedacht werden. Mit Kuhlinien die mit dem Gras hier langlebig sind.   

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