Der Förderverein der deutschen Schafhalter vor 3 Jahren den 25. April zum Tag der Weidetiere erklärt. Zum Weidebeginn soll damit bewusst gemacht werden, dass die romantischen Bilder von weidenden Tieren immer weniger mit der Wirklichkeit übereinstimmen. Denn sowohl die ökonomischen wie die naturschützerischen Bedingungen erschweren die traditionelle Weidepraxis immer mehr. Wie der geschützte Wolf, wo die Politik bessere Zäune und Hütehunde fordert, ohne in unwegsamen Gelände absoluten Schutz bieten zu können. So gerät der Wunsch der urbanen Gesellschaft nach Natur und Wildnis zum Konflikt mit der Kultur der Landschaft.
Die biblische Geschichte von Kain und Abel
scheint sich immer wieder zu wiederholen. Denn obwohl weidende Tiere am Beginn unserer Agrarkultur standen, wurden sie vom Ackerbauer Kain neidisch verachtet. Vor 200 wiederholte sich dieser Konflikt, indem die ersten Forstleute Weidetiere aus den Wäldern verbannten, weil sie die natürliche Verjüngung verhinderten. Mit Einführung des Kleeanbaues wurden die Tiere ganzjährig im Stall gehalten, auch um mit dem anfallen Mist die Fruchtbarkeit der Äcker zu fördern. Erst im ersten Weltkrieg wurde der Wert der Weide für die Ernährungssicherung wieder erkannt. Aber in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts wurden Weidetiere zu Landschaftspflegern, weil sie nicht mechanisierbare, weil steile, steinige, sumpfige oder verbuschende Flächen offen halten sollten. Doch wieder stehen diese extensiven Weiden im Konflikt mit der beim Walken und Biken Abenteuer suchenden Freizeitgesellschaft und ihren schützenswerten Arten, wie dem einwandernden Wolf.
Die Rolle der Weidezäune
Bis ins 19. Jahrhundert sind Gärten und Felder eingezäunt worden, um sie vor Weidetieren zu schützen, denn die waren Konkurrenten um die knappe Nahrung. Mit der gesetzlichen Trennung von Wald und Weide erweiterte sich die Rolle der Einzäunung, damit sie nicht mehr in den Wald konnten, wo sie sich wohler fühlten, als im offenen Land. Im Norden und auf den britischen Inseln wurden anstelle von Stangen- oder Stacheldrahtzäunen an Gräben und Steinriegeln undurchdringliche Hecken als Koppelzäune wachsen lassen. Im kleinstrukturierten Süden bekam erst mit dem Aufkommen des Elektrozaunes in den 1950er Jahren die Weide wieder Auftrieb. Denn mit ihm wurde die rationierte Weidezuteilung modern, die sich aber oft als Rechnung ohne Kuh und Gras entpuppte, weil Weidetiere selektieren wollen. Großflächige standortangepasste Weidestrategien sind im Entstehen, während der Elektrozaun nun Weidetiere auch vor dem Wolf schützen soll.
Weidetiere sind keine Kuscheltiere
Mit diesem Appell reagierte einzig die bayerische Landwirtschaftsministerin zum Tag der Weidetiere. Wohl eine politische Reaktion auf die zunehmenden Konflikte und Unfälle von Wanderern auf Weiden. Sie erklärte, dass Jungtiere zwar neugierig seien, ihre Mütter ihre Kälber aber gegen Zudringlinge verteidigen und fordert deshalb Respekt vor den Weidetieren. Als Begründung nennt sie ihre Leistung für die Kulturlandschaft und den Artenschutz, verschweigt aber die Konflikte mit dem Wolf.
Das Potential der Weide
Das Ab- und Einzäunen hat den Blick auf die Symbiose Weidepflanze und Weidetier verdrängt die über Jahrtausende unsere fruchtbaren Böden geschaffen hat. Denn in dieser Symbiose ist die Weide regenerativ, indem sie Humus aufbaut und darin CO2 speichert. Wohl wissend um die Funktion nannte man Weiden und Wiesen früher Mutter des Ackers. Damit hat der Multifunktionär Weide ein noch nicht erkanntes Potential gegen die Klimaerwärmung. Mehr dazu: https://forumproschwarzwaldbauern.de/grasland-hat-das-potential-fuer-den-kulturwandel/