Der Bregenzerwälder Bauer Kaspanaze Simma hat beim Treffen am 9. Januar 2016 im Reinertonishof in Schönwald Wirtschaft in ein neues Licht gestellt. Schon als junger Freigeist wollte er sich nicht an die moderne kapitalaufwendige Landwirtschaft binden. Mit seiner Frau Lucia und 5 Kindern und geringem Kapitaleinsatz und Tierbestand führt er ein bäuerliches Leben in Fülle. Dahinter steht seine Einsicht, dass es in der Hauswirtschaft ein Genug gibt, die Geldwirtschaft aber nie genug hat. Impulse für diesen Weg gaben ihm kritische Bücher, wie das 1974 erschienene „Small is beautifull – Die Rückkehr zum menschlichen Maß“ von Ernst Friedrich Schumacher.
Mit diesem Geist engagierte sich Kaspanaze auch in der Politik und wurde als erster grüner Bauer im Vorarlberger Landtag bekannt. Aus diesem Engagement hat er zwei Lehren gezogen: zum einen musste er das Geld aus seiner Landtagstätigkeit aufwenden um die Zeit zu ersetzen, die ihm am Hof fehlte. So wurde der Bau einer Jauchegrube viel teurer als bei Kollegen, die Zeit für Eigenleistung hatten. Zum anderen musste er erkennen, dass in der Politik eine ökonomische Grundsatzdiskussion keinen Anklang findet.
Also zog er sich zurück zu Familie, Hof und Dorf. Nicht aber aus Resignation, sondern um Zeit zu haben zum Leben und über unser Wirtschaftssystem nachzudenken. Denn wer sich überlaste, sieht nicht mehr, was links und rechts läuft. Zu dieser Überarbeitung tragen auch Zertifizierungen bei. Den Stier Wirtschaft hat er buchstäblich bei den Hörnern gepackt, um erklären zu können, warum Bauern im Industriesystem trotz allem Fortschritt auf keinen grünen Zweig kommen. So sieht er den aktuellen Bauboom immer größerer Ställe als Gefängnis für Bauern und Tiere. Für die Bauern, weil sie fehlende Zeit durch Geld ersetzen und ihre Lebenskraft zum Abzahlen von Krediten verbrauchen. Für Tiere, weil ihr Futter von der billigen Weide, auch Lebenskraft, nicht mehr reicht und der Futterzukauf wieder Geld kostet. So wird mit dem Fortschritt Arbeit und Einkommen vom Bauernhof in andere Branchen verlagert. Gleichzeitig steigt der Tauschwert der dortigen Arbeitslöhne für Lebensmittel. Und mit der Arbeitssteilung wächst der Verkehr bis schließlich im Industriesystem nur noch sekundäres Wirt-schaften als Wirtschaft wahrgenommen wird. Als echter Grüner fragt Kaspanaze, ist das effizient?
Dennoch will Kaspanaze auf Geld nicht verzichten oder es gar abschaffen, sondern das rechte Maß finden. Lange vor den Postwachstumsökonomen hat er über die Nichtgeldtätigkeiten in Haushalt und Familie nachgedacht. Heute sieht er Wachstum und Beschäftigung als Symptome von Fremd-bestimmung. Denn je mehr Nichtgeldtätigkeiten gegen Geldtätigkeiten ausgetauscht werden, umso abhängiger werden wir. Geld zerrüttet, sagt Kaspanaze. Denn Fremdbestimmung und Abhängigkeit stehen aber im Widerspruch zum bäuerlichen Sinn.
Auswege sieht Kaspanaze, auch wenn Kostenwahrheit durch eine ökosoziale Steuerreform nicht in Sicht ist. Weil der Einsatz von Fremdenergie die Lebenskräfte verkümmern lassen hat, sieht er die Zukunftsaufgabe der Landwirtschaft in der effizienten Umwandlung von Sonnenenergie. Deshalb heißt Wirtschaften für Kaspanaze LEBENSKRÄFTE einsetzen und LEBENSKRÄFTE wieder herstellen! Die Primärproduktion Landwirtschaft nimmt damit einen neuen wirtschaftlichen Stellenwert ein. Lust darauf machte Kaspanaze mit Beispielen aus seinem Leben. Die Lebenskräfte können wir alle besser nutzen und wiederherstellen, wenn wir:
- Unser Arbeits- und Kapitalvolumen verringern
- Mittlere Technologien einsetzen
- Infrastruktur verkleinern zugunsten der Nahversorgung
- Mehr Selbstversorgung statt Fremdversorgung wagen