Zu einem weiteren Weidegespräch haben wir uns am 8. Mai 2018 auf dem Ober-grundhof in Gütenbach getroffen. Um zu begreifen, wie sich Weiden und Wiesen nach dem Hitzesommer 2018 regenerieren. Warum das scheinbar verdorrte Grünland in der Zwischenzeit wieder grün ist und auch Kräuter mit tiefen Wurzeln weniger auffällig sind als die Lehrmeinung befürchtet. Vor allem die Dauerweiden auf guten Böden über-raschen mit dichten Grasnarben. Doch der Zeitgeist der Leistung und ihrer politischen Regelung hat die Reaktion der natürlichen Umwelt in den Hintergrund gedrängt. Mit der Klimaerwärmung wird aber die Beobachtung von Pflanzen und Boden wichtiger, weil die Theorien um Landwirtschaft wie auch um Artenschutz aus der Zeit der gewohnten stabilen Klimaverhältnisse stammen. Mit der Gefahr, dass Schwarzwaldbauern immer mehr zwischen Opfer und Täter aufgerieben werden. Als Opfer durch Ernteausfälle infolge Wetterkapriolen und als Täter durch pauschale Beschuldigung für Artensterben und Klimawandel. Die Herausforderung ist, diese Detaildiskussionen mit ganzheitlichen Argumenten zu einer nachhaltigen Kultur zu überbrücken.
Deshalb diskutieren wir bei Weidegesprächen die Zusammenhänge von Umwelt, Futter und Leistung. Wurde doch dieser Zusammenhang bisher nur noch aus Sicht der Leistung gesehen, hat der Hitzesommer 2018 wieder auf die Umwelt aufmerksam gemacht. Denn die hat sich in Form der Wasserhaltekraft der Böden sehr unterschiedlich gezeigt, sowohl zwischen Regionen als auch zwischen Tälern und einzelnen Höfen und sogar innerhalb der Höfe. Beim Rundgang auf dem Obergrundhof zeigten sie sich daran, dass Weidetiere manche Lagen bevorzugen und andere weniger mögen. Dennoch bestätigte der Obergrundhofbauer Christof Fehrenbach, dass er sich manchmal wundere, dass seine Kühe trotzdem Milch gäben. Der Grund dafür liegt in der Kunst der Weideführung, die Weidetiere nicht zu zwingen, sauber wie ein Rasenmäher zu fressen. Wobei die Tiere nicht nur nicht satt werden, sondern der Boden auch austrocknet. Zudem sind Weidereste auf guten Weiden Futterreserven für Trockenperioden. Denn das Potential immergrüner Weiden liegt im Boden, weil in seinem Humus ähnlich wie im Wald CO2, Wasser und Nährstoffe gespeichert werden. Es ist an der Zeit, diesen klimapositiven Effekt der Weiden bewusst zu machen, indem Weidetiere auch vom Weidegras leben und dem humusbildenden Bodenleben durch Bodendruck immer schwererer Maschinen die Luft nicht genommen wird.
Grünland abgestuft statt einheitlich bewirtschaften
Früher waren Bodenunterschiede durch die Erfahrung bewusst, dass Weidetiere auf manchen Böden fett wurden und auf anderen mager blieben. Weshalb man von Fett- oder Magerweiden und -wiesen sprach. Mit den Überschüssen durch Futterimporte ist diese Erfahrung einer politischen Intensiv-Extensiv-Debatte gewichen. Die Folge sind Konflikte zwischen Landwirtschaft und Naturschutz, weil beide die Ökologie genannten Wechselbeziehungen von Umwelt, Futter und Leistung ausblenden. Deshalb setzen wir eine abgestufte Wirtschaftsweise, wie sie Graslandexperten, wie Dietl, Thomet, Steinwidder und Bosshard empfehlen. Das heißt auf den besseren Böden gutes Futter klimapositiv erzeugen und auf den kargen, weil steinigen oder steilen Böden die Artenvielfalt pflegen. So sind leistungsgerechtes eigenes Futter und artenreiche blumenbunte Wiesen nebeneinander nicht nur möglich, sondern können sich auch ergänzen. Das wurde im Gespräch auf dem Obergrundhof sogar bestätigt, wenn auch das Bewusstsein dafür von Marktzwängen und politischen Regelungen noch im Hintergrund ist. Deshalb gilt es die Zusammenhänge von Umwelt, Futter und Leistung vom Kopf (der Leistung) wieder auf die Füße (von Boden und Klima – der Umwelt) zu stellen.
Hier die beim Gespräch benutzen Darstellungen: Folien_Weidegespräch_8.05.19