Am 13. Oktober 2023 hat die Initiative freie Gesellschaft oberes Bregtal zu einer Podiumsdiskussion eingeladen. Thema: Green Deal der EU: Fluch oder Segen für die Natur, Landwirtschaft und die Verbraucher? Oder ruiniert die Ampel die Landwirtschaft und damit die Versorgungssicherheit der Bevölkerung? Auf dem Podium der Präsident des BLHV Bernhard Bolkart, Werner Barho von Bioland aus Tuningen, Thomas Frenk von den Freien Bauern BW und Siegfried Jäckle für unserem Forum.
Bemerkenswert ist, dass sich Menschen in einer Stadt im Hochschwarzwald sich Gedanken um Freiheit und ihre Versorgungssicherheit machen. Und dass sie dabei mit der Landwirtschaft reden und nicht über sie. Sie sind verunsichert durch die fast täglichen Nachrichten zu diesen Themen und fragen, was eigentlich auf dem Spiel steht. Dass sie dazu Vertreter landwirtschaftlicher Organisationen einladen, ist ein Zeichen, dass sie noch wissen, wo die Versorgung ihren Anfang hat und sich um die Debatten um den Green Deal der EU ebenso wundern wie die der Ampel in Berlin. Die Vertreter der Landwirtschaft versuchten trotz ihrer unterschiedlichen Rollen und Höfe ihren Kummer mit den politischen Regelungen zu erklären und fragten nach ihrem Sinn. Bei der Frage nach dem Sinn von Regelungen taucht eine Gemeinsamkeit von Bauern und Verbrauchern auf, sie sind nicht nur verunsichert, sondern fühlen sich mit politischen Schuldzuweisungen gegeneinander ausgespielt. Den die Ursachen der Probleme mit Umwelt; Klima und Tierwohl liegen tiefer, sie liegen im Wirtschaftssystem. Woher Begriffe wie Green Deal kommen. Kann man mit Green, was für Natur oder natürlich steht dealen? Oder Geschäft machen?
Die Entwicklung hat die Versorgung auf Geld reduziert
Unsere Versorgung war bis nach dem zweiten Weltkrieg regional notwendig. Zum Überleben hat die Landwirtschaft das wilde Feld kultiviert. Um die Versorgung in den Anfängen der Industrialisierung sichern, nahm die Zahl der Hofstellen zu. Diese Entwicklung kippte mit dem Wirtschaftswunder, weil am Markt alles bequemer zu kaufen war. Seither schrumpft nicht nur die Zahl der Landwirte, sondern auch die regionale Versorgungsstruktur der Bäcker, Metzger und Mühlen. Sie werden mit den Preisen der Supermärkte als Endglied industrieller Versorgungsstrukturen nicht mithalten. Verbraucher sind in dieser modernen Marktwirtschaft Kunden, die mit Geld mehr kaufen sollen, damit die Wirtschaft wächst und Arbeitsplätze bietet um Geld zu verdienen. Ein Rollenspiel, das die Rolle von Natur, Bauern und Verbraucher verschoben hat.
Die Rolle von Staat und Markt zwischen Bauern und Verbrauchern
Bei der Gründung der europäischen Wirtschaftsgemeinschaft in den 1950ern war die Sicherung der Versorgung politische Kernaufgabe und steht deshalb als solche in der Verfassung. Wozu die Landwirtschaft rationalisiert werden soll um für angemessene Preis der Verbraucher zu sorgen. Diese Zielsetzung ist die Triebkraft des Strukturwandels in der Landwirtschaft. Dabei können Landwirte eine angemessene Lebenshaltung nur erwirtschaften durch Wachsen oder Weichen. Dieses Strukturwandel genannte Bauernsterben hat keine Agrarreform oder -wende gebremst. Die Folgen von Rationalisierung sind regionale Spezialisierung der Landwirtschaft und Konzentration in Gunstlagen. Die Parallele zu den Supermärkten. Um die Folgen für die Umwelt und Tierwohl zu begrenzen, versucht die Politik die Landwirtschaft zu regeln. Vorschriften, Förderprogramme und Labels haben ein Verwaltungs- und Kontrollsystem aufbähen lassen. Die Standards bestimmt aber nicht die Politik, sondern immer deutlicher der Lebensmittelhandel. Was er den Verbrauchern als Klima-, Tier- und Umweltschutz suggeriert, wirkt bei ihren Rohstoffproduzenten als strukturelle Gewalt. Denn wer im Geschäft bleiben will, muss mitmachen und fordert als Modell seine Kollegen dazu auf. Was sich vernünftig anhört, dient der Stärkung der Markmächte.
Versorgung neu denken
Der Green Deal der EU wäre ein ganzheitlicher odersystemischer Ansatz, wie das Titelbild zeigt. Er war die politische Reaktion auf die von Greta ausgelöste Klimabewegung. Weil wir aber in einer arbeitsteiligen Welt leben und die 27 EU-Staaten verschiedene Interessen haben, steckt die Umsetzung bei den einzelnen Sektoren und Interessen. So wird ist sinnige Farm to Fork-Strategie auf die Minderheit Landwirtschaft reduziert, weil die Macht von Verkehr und Handels mit seinen klima- und umweltgefährdenden Folgen stärker ist. Die Kontroversen um die Reduzierung von Dünge- und Pflanzenschutzmittel sowie Antibiotika ebenso, wegen der Macht dieser Wirtschaftszweige. Weshalb auch der politische Mut zu 100% ökologischem Landbau fehlt, obwohl der Weltagrarrat schon vor 15 Jahren festgestellt hat, dass die Welternährung nur mit agrarökologischen Methoden und nationaler Ernährungssouveränität zu sichern sei. Stattdessen sollen mit dem Green Deal 30 % der Fläche renatuiert werden, ob wohl die bisherigen Naturschutzmaßnahmen das Artensterben nicht aufgehalten haben. So wird die Konzentration der landwirtschaftlichen Produktion mit ihren Transport- und Umweltfolgen zementiert und Regionen wie der Schwarzwald wie auch der ökologische Landbau sind ökologisches Feigenblatt. Um die Versorgung unter den Herausforderungen der globalen Krisen zu sichern, ist es an der Zeit, die Verunsicherung von Siegeln und Kontrollen durch Überschaubarkeit und Nähe zu ersetzen.