Beim Schwarzwaldbauerntreff am 12. Januar 2017 haben wir die Stärken und Schwächen unserer Schwarzwaldhöfe hinterfragt. Verfolgt man die Medien, fällt auf, dass Nachrichten über die Landwirtschaft überwiegend nur noch Schwächen der modernen Landwirtschaft aufzeigen. So werden Nitrat im Grundwasser, Klimaschäden durch Tierhaltung sowie Tierschutz zu pauschal angelastet. Idyllische Bilder von Schwarzwaldhöfen und weidenden Kühen dienen zugleich zur Darstellung einer heilen Welt. Dieses Verwirrspiel zwischen Problemen und Tradition hat den Blick auf Stärken und Schwächen vernebelt.
In Wirklichkeit leben wir einer Supermarktkultur, in der alles zu jeder Zeit billig angeboten wird. Billig anbieten können aber die auf den idyllischen Bildern der Packungen und der Werbung nicht, weshalb sie als Schwache ausscheiden. Dieser Prozess wird höflich Strukturwandel genannt. Die Agrarpolitik fördert diesen Prozess mit dem Ziel die Landwirtschaft wettbewerbsfähig oder neudeutsch stark zu machen. Diese Entwicklung wird für immer mehr Höfe zur Falle, wie uns Josef Hoppichler am Aschermittwoch erklärt hat, weil Überleben die klassische bäuerliche Strategie ist. Das herrschende marktradikale System die vermeintlich Starken aber mit dem Preisdruck durch die geförderte Mehrproduktion allein lässt.
Dies System ist immer mehr mit seinen Krisen beschäftigt. Manche dieser Krisen treffen die Landwirtschaft direkt, wie der Klimawandel, andere wie Brexit, Flüchtlinge oder Euro beeinflussen die Rahmenbedingung-en. Das Fatale an den agrarpolitischen Bekämpfungsversuchen zum Schutz von Wasser, Klima oder Tieren ist, dass sie in Auflagen technischer Art münden, die die Schwachen, die an den Problemen weniger schuld haben, oft nicht mehr Tragen können. Während die Starken sich mit den Auflagen als Alibi weiter in Gunstlagen konzentrieren demonstriert zwar die Super-marktgesellschaft gegen die Industrialisierung der Landwirtschaft, nimmt aber kaum zur Kenntnis, wie die Bilder der Idylle in den Bergen schwinden. Uns greifen diese Forderungen nach einer einseitigen Agrarwende zu kurz. Deshalb haben wir Kulturwandel statt Strukturwandel zu unserem Motto gemacht.
Die Menschheit hat vor über 25 Jahren in Rio einen Wandel zur nachhaltigen Entwicklung vereinbart, um mit den Ressourcen unserer Erde auszukommen. Weil die Entwicklung aber immer noch nach der starken Denkweise des verschwenderischen Lebensstils weitergeht, stehen wir wie Schwächlinge vor seinen globalen Krisen. In Krisen ist aber stark, wer widerstandsfähig ist. Dabei dürfte der fruchtbare Boden und damit die Bauern eine zentrale Rolle haben. Nicht allein wegen der Ernährung, sondern als Kohlenstoffspeicher in seinem Humus und damit Klimaregulator. Die bisherige Umgang mit dem Boden schwächt aber diese Funktion. Denn nur dort, wo Pflanzen ungehindert wachsen können, entsteht über Wurzelbildung Humus.
Unter diesen Herausforderungen des Überlebens verschieben sich Stärken und Schwächen, wie die Kartenabfrage bei unserem Treffen bestätigt. So könnten aus den Schwächen im Wettbewerb, Stärken für ein nachhaltiges Gutes Leben werden. Deshalb tauschen wir uns mit Gesprächspartnern, die weiter denken, darüber aus, was wir bei unseren nächsten Treffen fortsetzen und vertiefen:
Schwarzwaldbauerntreff am Samstag 4. Februar 2017, 10 -16 Uhr im Reinertonishof in Schönwald: Was ist überhaupt bäuerlich? mit der Bäuerin Gertraud Gafus von der Fürmannalm im Rupertiwinkel in Oberbayern
Aschermittwochsgespräch am 1. März 2017, 20 Uhr: Ist Wachsen und Weichen alternativlos? mit dem Postwachstumsökonomen Prof. Niko Paech