In den letzten Wochen wird fast jedem Wetterbericht Hoffnung auf den goldenen Oktober verbreitet. Nur um die Stimmung im verregneten Oktober aufzuheitern? Oder um den Blick auf die Naturerscheinung vor unserer Tür zu richten als Alternative zu dem von der Coronakrise vermasselten Reisen in die Herbstferien. Oder soll der Goldene Oktober auf die Folgen unserer für golden gehalten Wirtschaftsform aufmerksam machen?
Wikipedia bezeichnet den Goldenen Oktober als das typische Landschaftsbild im Herbst, das von der einsetzenden Blätterfärbung der Laubgehölze geprägt wird. In der gelb-rötlichen Sonneneinstrahlung zeigen sie einen goldenen Farbton. Das Wort Golden drücke aus, dass ein solcher Anblick von vielen Menschen als schön empfunden wird. Und das seit mehreren hundert Jahren.
Blickt man jetzt im Herbst in unsere Schwarzwaldlandschaft leuchten Laubbäume und Gebüsche wie goldene Farbtupfer. Macherorts umrahmen sie Wiesen, Weiden, Wälder oder Siedlungen buchstäblich. Andernorts sucht man nach den Farbtupfern oder der Fall des goldenen Laubs, wie in den urbanen Siedlungen ist sogar lästig und wird mit Energie weggeblasen. Dieses technische Reinheitsdenken übersieht, dass das sich färbende und dann fallende Laub eine Etappe des regenerativen Lebens ist. Im Sommer sind die jetzt golden wirkenden Bäume und Sträucher Lebensräume für Vögel und Insekten, Windbremse für landwirtschaftliche Kulturen und Schattenspender für Weidetiere. Im Winter lässt das gefallene Laub die niedrig stehende Sonne durchscheinen und wärmt Boden, Häuser und moderne Solaranlagen. Indirekt reguliert das fallende Laub unser Klima, indem am Boden aus Laub Humus entsteht, der CO2 bindet.
Ausgerechnet im goldenen Oktober 2020 ist die künftige Agrarpolitik verhandelt worden. Die das Klima und die Artenvielfalt schützen soll und die Wettbewerbsfähigkeit der Nahrungsmittel am Weltmarkt fördern soll. Dieser Spagat ist in den Erklärungen zu den Beschlüssen erst auf den zweiten Blick zu erkennen. Denn die einen sprechen von Systemwechsel, obwohl sie nur Begriffe gewechselt haben und die anderen von Greenwashing, obwohl sie Regeln des freien Marktes auch nicht in Frage stellen. Wenn man über diesen Spagat nachdenkt, kommt man an einem gemeinsamen Ziel nicht vorbei. Nämlich dass Lebensmittel billig bleiben sollen und man sich in der Freizeit an der goldenen Landschaft freuen kann. Solange diese Widersprüche nicht durch Richtiges Rechnen1 aufgelöst werden, werden politische Beschlüsse nur die Bürokratie weiter wachsen lassen, nicht aber die Goldenen Oktober als Zeichen der Biodiversität.
Ist es nun Zufall oder Wink der Natur, dass im Goldenen Oktober 2020 agrarpolitische Beschlüsse gefällt werden und sich eine neuer Coronavirus beängstigend ausbreitet? Wissenschaftler sagen, dass der Ausbruch der Pandemie kein Zufall sei. Artensterben, Naturzerstörung und Klimawandel erhöhen das Risiko, dass Krankheiten von Tieren auf den Menschen überspringen. Die agrarpolitische Beschlüsse wollen zwar Artensterben und Klimawandel Einhalt gebieten, aber das naturzerstörende Wirtschaftssystem des Globalen Wettbewerbs so wenig aufgeben, wie die Politiker, die uns Coronaregeln verfügen. Ihr Glaube an die unsichtbare Hand des Marktes stammt aus dem Beginn der industriellen Revolution im 18. Jahrhundert und ignoriert die Folgen für Gesellschaft, Klima, Natur und auch für die Bauern. Unzählige Wissenschaftler2 wie auch der Bauernverstand weisen seit Jahrzehnten auf die Grenzen dieses Wirtschaftssystems hin. Also sollten wir nicht weiter an die unsichtbare Hand der Marktwirtschaft glauben, sondern uns an den Warnzeichen der Natur von Viren bis zur Klimaerwärmung orientieren, um uns noch an vielen goldenen Oktobern freuen zu können.