Zum Erntedankgespräch 2017 hatten wir den Bauer und Buchautor Markus Bogner vom Tegernsee eingeladen. Denn die Thesen in seinem Buch sind im Sinne unserer Vision einer Postwachstumsökono-mie. Ernten neu denken heißt für Markus Bogner, unser Wirtschafts-system verstehen, das aus der Ernte nur noch Geld zu machen versucht. Doch die Ernte von Lebensmitteln unterscheide sich grundsätzlich von der Produktion von Konsumgütern, bei denen es kein genug gibt. Lebensmittel werden aber nur gebraucht bis zur Sättigung. Dieses Missverständnis hat zu der paradoxen Entwicklung geführt, dass in Afrika und Asien fast eine Milliarde Menschen hungern, während bei uns immer mehr Bauern wegen sinkender Erlöse aufgeben.
Den Hunger auf der Welt könne man aber nicht aus dem Norden stillen, denn unser Wohlstand nutze bereits die sechsfache Ackerfläche, die wir in Europa selbst haben, während nicht ackerfähiges Weideland bei uns verbuscht und unsere Überschüsse die Märkte der Kleinbauern im hungernden Teil der Welt ruinieren. Auf diesen Systemfehler leitet Markus Bogner klare Antworten aus dem Weltagrarbericht ab. Die Ernte auf der Erde würde genug Nahrung für sieben und mehr Milliarden Menschen bieten, wenn die Ernte dort zur Ernährung dient, wo sie stattfindet. Aber ein Drittel der von uns bean-spruchten Ackerfläche auf der Welt diene Biogas und Biosprit, die zudem humus-zehrend seien und ein weiteres Drittel lande durch Spekulationen oder wegen Ablaufdatum auf dem Müll. Der häufig kritisierte Fleischkonsum steigere dieses Problem nur, solange das Fleisch mit Ackerfrüchten erzeugt wird, weil diese Art von Fleischerzeugung in direkter Konkurrenz zur Ernährung der Menschen stehe. Würde Fleisch und auch Milch auf dem nicht ackerfähigem Grasland erzeugt, würde unsere begrenzte Ackerfläche dadurch ergänzt und Berggrünland ein Perspektive bieten.
Auf dem Boarhof am Tegernsee erprobt Markus Bogner mit seiner Familie die sich selbst erhaltende Permakultur. Gemeint ist damit die optimale Nutzung des eigenen Bodens statt Spezialisierung auf Monolkulturen. Die beste Bodennutzung brächten auch am 800 m hoch gelegen Tegernsee Gemüse und Kartoffeln. Ernte neu denken heiße deshalb, die bäuerliche Versorgung neu entdecken. Solange Bauern dem Denkmuster der Discounter folgen, kämen sie nicht aus der Tretmühle des wachsen und weichen. Der Ausweg gehe über die Entdeckung der bäuerlichen Selbstversorgung, wie er in den Metropolen mit urban gardening sich abzeichne. Dabei müssten nicht wieder alle das Gleiche machen, sondern zu diesem Kulturwandel gehöre neue Arbeitsteilung in neuen Gemeinschaften. Wo Jeder/Jede das tut, was sie am besten können. Den Schlüssel für diesen Kulturwandel, sieht Markus Bogner in der Begeisterung für ein unabhängiges Leben. Denn diese Begeisterung bestimme über unsere Konsumwahl jeden Tag bei mehr als politische Wahlen.
Der Link zum Buch: https://www.oekom.de/nc/buecher/neuerscheinungen/buch/selbst-denken-selbst-machen-selbst-versorgen.html