Um das Verhältnis Mensch und Landschaft drehte sich das 6. Yacher Symposium am 29. Juli 2017. In seinem Grußwort forderte der Bürgermeister von Elzach auf, entrückte Verhältnisse zurecht zu rücken. Aber was ist denn entrückt? Schon das Programm zeigte, aus wie vielen spezialisierten Sektoren das Verhältnis Mensch und Landschaft besteht. Historiker, Heimatpfleger, Denkmal-und Naturschützer, Landwirte und Landschaftspfleger stellten ihre Sichtweise dar. Bei allen Unterschieden gab es einen vereinenden Begriff. Landschaft ist Heimat, in der man/frau sich wohlfühlt, geboren ist, lebt und arbeitet. Heimat als Gefühl positiver Erinnerung. Haben doch viele Generat-ionen den Schwarzwald gerodet, urbar gemacht oder aufgeforstet , angebaut und Häuser gebaut, alles zum Überleben. Mit dem Wirtschaftswunder seit dem zweiten Weltkrieg ist diese lebenspraktische Verbindung Mensch und Landschaft schleichend entrückt. Die Angebote der wachsenden Supermärkte in den Städten, wo alles zu jeder Zeit und billig zu haben ist, haben der Landschaft ihren Wert zur Versorgung mit dem Nötigsten genommen. Denn Nahrungsmittel im Supermarkt sind billiger, als sie an steilen, steinigen oder sumpfigen Lagen im Schwarzwalderzeugt werden können. Dieser globale Verdrängungswettbewerb herrscht in allen Bereichen, wie der erste chinesische Traktor, der in Yach steht, ebenso zeigt wie der Holzverkauf nach Asien.
So ist aus dem selbstverständlichen Verhältnis Mensch und Landschaft ein Span-nungsfeld entstanden. Zwischen rationaler Moderne und emotionalen Gefühlen. Das Marketing der Supermarktkonzerne suggeriert zwar mit idyllischen Bildern, dass beides zu haben sei. Und auch der Tourismus versucht die idyllische Landschaft mit immer neuen Destinationen für die Freizeit zu vermarkten. Doch diese vorgetäuschte Idylle ist kaum zu finden und hat es wahrscheinlich nie gegeben. Denn in der verklärten Vergangenheit war Überleben das Ziel. Dass erst mit dieser Überlebenskultur auch die Artenvielfalt von Pflanzen und Tieren in der Landschaft zugenommen hat, ist wenig bewusst. Umso mehr wird aber die Verarmung der Landschaft wahrgenommen, die eigentlich die logische Folge der Supermarktstruktur ist, die mit der Idylle wirbt. Weshalb die Supermarktgesellschaft den Schutz von Natur, Landschaft und Tieren fordert. Die Politik regiert mit Gesetzen, Verordnungen und Förderinstrumenten. Aber die können der Landschaft die Kultur nicht zurückgeben, durch die sie entstanden ist. Aus Kultur wird Unkultur zwischen Wildnis und Freizeitpark.
Bemerkenswert beim Yacher Symposium 2017 war, wie die beteiligten Spezialisten beginnen, sich für das Ganze der Landschaft zu interessieren, statt die Schuld hin und her zu schieben. Vielleicht weil das Yachtal eine Sackgasse ist und es in Sackgassen nur den Weg zu rück gibt. Denn auch die Aufteilung der Landschaft unter Land- und Forstwirtschaft, Tourismus, Naturschutz und Landschaftspflege etc. sind eigentlich Sackgassen. Um zu recht zu rücken, was entrückt ist, müssen wir an die Abzwei-gungen zurückgehen, wo die Wege sich getrennt haben. Dort gibt es aber keine Markierung, wie für Wanderer oder Biker. An diese Weggabelungen erinnert eher der Humor der Originale der Heimat. Die Abzweigung kann man aber auch erkennen, wenn man den Name Landschaft zerlegt, er besteht aus Land und Schaffen.
Von diesem Schaffen haben die billigen Supermarktangebote abgelenkt, uns vom Land verführt. Doch dieses Wirtschaftssystem ist dabei sich selbst zu zerstören. Nicht nur indem es die Schwarzwaldtäler nicht mehr braucht, sondern weil es durch seine Energieverbrennung das Klima verändert, mit noch nicht erzeugten Gütern spekuliert und die Gesellschaften ungleicher werden lässt. Trotz anderer Hoffnungen hat sich auch New Green Deal dieser Logik unterworfen, wie die Entwicklung des biologischen Landbau und der Energiewende zeigen. Deshalb ist die große Herausforderung, widerstandsfähiger (neudeutsch resilienter) gegen die Krisen dieses Wirtschafts- systems zu werden. Mit Gärtnern und urbanen Formen von Landbau ist in den Metropolen der Welt eine Bewegung in Gang, sich unabhängiger zu versorgen. Diversifizierung aus dem Markt nennen es ihre Vordenker. Man könnte sie auch Entdeckung der nahrhaften Landschaft nennen. Der große Unterschied zu den als Politik für Entwicklung ländlicher Räume inszenierten Projekten liegt in der Eigen-entwicklung durch die Menschen vor Ort. Aus diesen Modellen könnte zwischen Stadt und Land wieder eine Kultur der Nähe entstehen. Mensch und Landschaft also wieder zusammen rücken. Wenn wir bereit sind unsere Sackgassen zu verlassen.