Ernte regenerativ denken

Erntedank ist für das Forum Pro Schwarzwaldbauern mehr als ein romantischer Event. Es ist in Zeiten von Krisen, Dürren und Unwettern die Zeit, um Ernte neu zu denken als Grundlage allen Lebens. Dazu konnte beim Erntedankgespräch in der letzten Woche in Rohrbach der Vorsitzende Reimund Kuner den Biologen und Gärtner Michael Beleites aus Sachsen begrüßen. Er hat lange bevor regenerative Landwirtschaft als neues Zauberwort gehandelt wurde, darüber nachgedacht und teilt die Sorge des Forums, dass es ein weiter Marketinggag wird. Bei der Auseinandersetzung mit dem herrschenden  Dogma, dass das Leben in der Natur sei ein Kampf ums Dasein, hat Michael Beleites erkannt, dass nicht die stärkere, sondern die anpassungsfähige oder regenerative Art überlebt. Und dass dieses  falsche Dogma auch den Verdrängungswettbewerb in der Landwirtschaft bestimme, der in seiner Heimat Sachsen nach der Wende verhindert hat, dass aus dem kollektivierten industrialisierten System die Wiedereinrichtung der traditionellen bäuerliche Struktur möglich geworden wäre.

Was ist regenerativ?

Michael Beleites erklärte Regeneration am Gegenteil Degeneration als Übernutzung von Land und Lebewesen. Solche abbauenden Prozesse würden in der Physik Entropie genannt, die als Abfall unsere Umwelt belasten. Dagegen sei Regeneration Wiederherstellung, wie sie uns im Schlaf geschehe. Er betonte, Regeneration könne man nicht machen, man könne nur für ihre Möglichkeit sorgen. Dazu sei ein ungestörtes Verhältnis zur ganzen Umwelt notwendig, das Beleites Umweltresonanz nennt. Der Strukturverlust in der Landschaft beim degenerativen Wirtschaften schränke diese Resonanz ein und wirke weiter strukturauflösend. Dieser Zusammenhang werde  sowohl in der Debatte um Landwirtschaft wie um Naturschutz übersehen, weshalb sich das Artensterben als biologisch-ökologische Entropie fortsetze.

Was ist regenerative Landwirtschaft?

Regenerative Landwirtschaft setze dagegen auf Erneuerung von Boden, Wasser und Biodiversität, erklärte Michael Beleites. Es ist die Nachahmung ökologischer Abläufe am jeweiligen Standort und die Beziehung mit dem Verhalten freilebender Viehherden. Ein Spannungsfeld für die Bauern mit  den zentralen Regelungen. Wegen dieser standortabhängigen Vielfalt sei regenativer Landbau in Gefahr, von den Konzernen der Nahrungskette als vermeintliche Beliebigkeit kompatibel gemacht zu werden, was aber mit Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft und effizienter Nutzung von Ressourcen nichts mehr zu tun habe. Denn Regenerative Landwirtschaft sei ein offenes ökologisches und soziales System, betonte Michael Beleites.

Wie kommen wir zu regenerativer Landwirtschaft?

Um Ernte als regeneratives System neu zu denken, gelte es die regionale Selbstversorgungsfähigkeit zu stärken, was das Gegenteil von Spezialisierung und zentralen Vermarktungsstrukturen ist. Land- und Gartenbau müssten integriert werden. Das Gärtnerhofkonzept nannte Beleites als Vorbild. Nur dann könne die bäuerliche Kultur regenerieren und Landschaften attraktiv bleiben. Die Vermittlung bäuerlicher Kulturtechniken der Selbstversorgung müsse über Generationen weitergeführt werden. Dazu müssen wir wieder zur Ruhe kommen, schloss Michael Beleites seinen Vortrag. Er machte den Schwarzwaldbauern und -bäuerinnen Mut, ihre Kulturlandschaft regenerativ zu entwickeln, solange der degenerativen Strukturwandel sie noch nicht zerstört habe. Daran schloss sich eine rege Diskussion um unsere zukünftige Versorgung an.

 

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