Umwelt, Futter und Leistung im Sommer optimieren

Obwohl dieses Jahr genug Regen fällt, ist wieder zu beobachten, wie das Weideangebot im Sommer knapp ist und im Stall zugefüttert wird, während extensivere Weiden überständig sind. Dass das Sommerloch des Futterwuchse nicht nur ein Problem von Trockenjahren ist, zeigt die obige Darstellung des Graswuchsverlaufs aus dem Buch Weidewirtschaft mit Profit. Das  Landwirtschaftliche Zentrum Aulendorf hat 2005 und 2006 auf einem typischen Schwarzwaldhof in 900 m Höhenlage im zweiwöchentlichen Abstand den Graszuwachs am Sonn- und Schattenhang ermittelt. Der unterschiedliche Verlauf des Graszuwachses im Laufe des Sommers erklärt, warum pauschale Weiderezepte an der Wirklichkeit scheitern und auch Prämien und Marketingstrategien nicht weiter helfen.

Das Sommerloch ist die Regel

Die Kurven zeigen in den beiden Jahren nach dem Maximum des Graswuchses um den Monatswechsel Mai/Juni. Darauf folgt ein Sommerloch, im ersten Jahr schon Ende Juni und im anderen erst Anfang August. Nur der Schatthang zeigte im ersten Jahr keinen Einbruch, im zweiten Jahr verlief die Graszuwachskurve jedoch dort fast parallel zum Sonnenhang. Größere Unterschiede zwischen Sommer- und Winterberg, wie wir im Volksmund sagen, zeigen sich beim Wachstumsbeginn im Frühling und am Ende im Herbst. Aus ähnlichen Untersuchungen aus anderen Regionen ist bekannt, dass das Sommerloch in Bergregionen ausgeprägter ist als in Tallagen und es in den Weidebieten an der Nordseeküste, in Irland oder Neuseeland kaum vorkommt.   

Warum verläuft der Graszuwachs unterschiedlich?

Der Witterungsverlauf ist dafür nur die halbe Erklärung. Denn der Graswuchs hängt neben dem Wetter vom lokalen Klima und Boden ab, wie der Vergleich zwischen dem untersuchten Schatthang und Sonnhang bestätigt. Einmal funktioniert die Fotosynthese, die den Graswuchs bestimmt, nur bei Tagestemperaturen zwischen 15 und 25 Grad optimal. Also solange wir einen Pullover brauchen oder wenn wir wegen Hitze schwitzen, wächst auch das Gras nicht gut. Damit erklärt sich auch das Sommerloch im Graszuwachs, weil bei höheren Temperaturen im Sommer der Nachwuchs zurückgeht. Die Unterschiede zwischen Regionen wie zwischen den Schatt- und Sonnenhängen im Schwarzwald entstehen durch das lokale Klima und den Boden. So beginnt an unseren Sonnhängen das Wachstum im Frühling zwar zeitiger, die direkte und längere Sonneneinstrahlung führt im Sommer aber schneller zur Austrocknung von Pflanzen und Böden als am Schatthang. Dort ist die Sonneneinstrahlung durch Schatten kürzer, der Graswuchs beginnt im Frühling später, aber er wird im Sommer weniger beeinträchtigt, auch weil die Böden langsamer austrocknen, da sie in der Regel humusreicher und tiefgründiger sind. Im Spätsommer, wenn die Tage kürzer werden und sich verstärkt Tau bildet, nimmt der Graswuchs nochmal zu, in Trockenjahren an Schatthängen manchmal oft mehr als an Sonnhängen. Jedoch endet an Schatthängen das Wachstum früher und schattige lagen vermoosen über Winter gern. Zeichen geringer Bodenaktivität mangels Sonneneinstrahlung. Auch wird das Futter von Schatthängen wird in der Regel weniger gern gefressen, wohl weil sich aufgrund geringerer Sonneneinstrahlung weniger Zucker bildet. Anderseits bieten Schattseiten an Hitzetagen den Weidetieren ein angenehmeres Klima.      

Das Sommerloch durch Mähweide überbrücken.  

Zufütterung im Stall und sogar zeitweises Aufstallen zur Überbrückung des Sommerlochs ist häufig zu beobachten. Jedoch werden damit nicht nur die Kostenvorteile der Weide geschmälert, sondern auch die Gewohnheiten der Weidetiere gestört und der in der Werbung genutzte Ruf der Weide in Frage gestellt. Deshalb ist es die Herausforderung des Weidewirts, den Weidebetrieb so zu organisieren, dass das Sommerloch auf der Weide überbrückt wird. Die Lösung heißt Mähweide, aber nicht sauberer Weiden wegen, sondern um in der Zeit des maximalen Graszuwachses nicht benötigte Weidefläche als Winterfutter zu konservieren, und beim nachlassenden Graszuwachs im Sommer die Weidefläche erweitern zu können. Diese praktische Logik wird bei Betriebsentwicklungen oft übersehen, so dass es mangels erreichbarer Weideflächen im Sommer trotz Zufütterung zur Übernutzung der Weide kommt. Wodurch das Sommerloch noch verlängert wird und der Graswuchs auf Dauer gehemmt wird. Mit der Klimaerwärmung nimmt diese Gefahr zu. Um in der Tierwohlmode diesen Bumerang der Weide zu vermeiden, muss  Umwelt, Futter und Leistung zusammen gedacht werden, wobei die erreichbare Weidefläche der knappe Faktor ist.  

Extensive Weiden intensiv führen

Extensive, weil steile oder hofferne Weiden gelten für Jungvieh und auch Mutterkühe mit ihren geringeren Futteransprüchen als besser geeignet als für Milchkühe. Solche extensiven Weiden sind standortbedingt in der Regel weniger graswüchsig und ergrünen später. Der Zuwachsverlauf ist jedoch ähnlich und auf kürzere Zeit komprimiert. Weshalb extensive Weiden sich oft überständig mit braunem Gras zeigen. Weil oft spät aufgetrieben wird und die Weidetiere mit dem rasch alternden Weideangebot nicht fertig werden, zeigen sich extensive Weiden im Sommerloch oft überständig. Aber überständiges Gras, das nicht mehr abgebissen wird, wächst auch nicht nach. Hinzu kommt, dass Jungvieh wie die Kälber der Mutterkühe in der Weideperiode wachsen, und mehr Weide brauchen. Weshalb Weiderinder oft nicht nur unbefriedigende Zunahmen, sondern unbefriedigende Schlachtqualitäten bringen, weshalb Ausmast mit Kraftfutter empfohlen wird. Ein weiterer Bumerang einfacher Weidethesen, der sich mit den neuen agrarpolitischen Ökoregeln noch verstärken könnte. Um das Überständig werden extensiver Weiden zu vermindern, ist ein früherer Auftrieb ebenso wichtig wie die Ausdehnung der Weidefläche im Sommer.  Das Wandern mit dem Graswuchs in der Alpwirtschaft könnte Vorbild sein für zukunftsfähige Lösungen sein.   

Weide als nachhaltiges Ökosystem gestalten    

Werbung und Medien suggerieren Weiden zwar als naturgemäße Tierhaltung. Die politische Tierwohldebatte steckt jedoch in Stallsystemen fest. Ein Widerspruch, der früher oder später thematisiert werden wird. Die Irländer tun das bereits deutlich als Reaktion auf die deutschen Weidemilchprojekte. Weil mit der Klimaerwärmung der Graswuchs unregelmäßiger wird, wachsen die Herausforderung an die Weideführung. Zudem sind Weiden als effektivste landwirtschaftliche  CO2-Senke noch wenig bewusst. Doch weder mit pauschalen Thesen zum Weidemanagement, noch zur Landschaftspflege werden diese Herausforderungen gelöst und Weiden nachhaltig. Denn Weiden sind ein Ökosystem aus Gras und Tier, das sich von Stallsystemen grundsätzlich unterscheidet. nachhaltig Weiden heißt Umwelt, Futter und Leistung in Einklang bringen. .Dazu müssen auf dem einzelnen Hof frühe und spätere Weiden, mähbare und nicht mähbare Flächen so kombiniert werden, dass es während des Weidesommers nie zu Futtermangel kommt. Eine Herausforderung der Berg- und Grünlandbauern!

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