Dieses Titelbild vom Buch „Die Menschheit in Schieflage“ von Timo Heimberger zeigt, dass die Dominanz der Ökonomie unsere Lebensgrundlagen zu kippen droht. Und zwar schon bevor ein neuer unsichtbarer Virus als Teil der Ökologie auftrat. Aus der Epidemie im fernen China ist durch unsere Hypermobilität rasch eine Pandemie geworden. Aus Angst um Gesundheit und Überlastung der rationalisierten Gesundheitssysteme haben die Governance genannte Regierungen in einem Wettlauf die Mobilität der Menschen wie einen Computer herunterzufahren versucht. Schneller als das Virus begann unser gewohntes globales Versorgungssystem zu stottern. Tägliche Statistiken über Infektionszahlen und Milliardenhilfen übertönen diese Zusammenhänge und Börsenwerte sollen Hoffnung auf Normalität geben. Eine trügerische Hoffnung, weil neben dem Virus diese Normalität sich durch Klimaerwärmung, Arten- und Bauernsterben verändert. Die Sturmschäden in den Wäldern im Februar, das ungewöhnlich trockene Frühjahr und der dritte Hitzesommer sind medial mit durchschnittlichen Ernteprogosen kaschiert worden und die anstehende Reform der europäischen Agrarpolitik (GAP) wird im Schatten der Coronakrise medial auf Millionen reduziert. Sie soll zwar grüner, tierwohler und gerechter werden, aber das Paradox zwischen der angestrebten Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft am Weltmarkt und Klima- Tier- und Umweltschutz wird verschwiegen. Und die bäuerliche Familienwirtschaft, die von dem Paradox aufgerieben wird, wird hochgelobt. Nur andere Viren wie der Schweine- und Geflügelpest setzen den globalen Wettbewerb um Tierwohl außer Kraft. So wie die Blauzungenviren seit zwei Jahren Milchrassenkälber völlig entwertet haben und neue technische Zuchttechniken anheizen. Zwar liefern protestierende Landwirte mit Riesentraktoren bei den Handelsriesen Schlagzeilen, aber warum die ihre Rechnung nicht aufgeht, wird nicht recherchiert. Der Freizeitrun in den Schnee in den Bergen schon, aber auch nicht das Schwinden der Bergbauern. Denn die herrschende Wachstumsreligion hat nur den wachsenden Weltmarkt im Blick und glaubt Viren, Klimaerwärmung und den Artenverlust mit ihren Mitteln bekämpfen zu können.
Unsere Lehre daraus: Natur mit ihren Viren, Arten und dem Klima kann man nicht managen wie die industrielle Produktion in Fabrikhallen. Und Menschen als lebende Wesen kann man nicht verwalten. Statt die Kraft im Wettbewerb mit Konkurrenten und Natur zu verschleißen, sollten wir unserem Wirtschaften ökologische und soziale Leitplanken setzen.
Im Januar konnten wir uns noch im Heimathaus in Tenenbronn treffen und dort das Wissen um unser Kulturerbe Schwarzwaldhöfe vertiefen. Denn hinter den romantisch verklärten Bildern steckte ein lokales Versorgungssystem,von dem heute Viele träumen. Die romantischen Bilder enttäuschen die Menschen immer häufiger, wenn sie die damit suggerierte heile Welt nicht finden. lb ist die Aufklärung so wichtig, wie sie im Heimathaus in Tennenbronn und anderswo geleitet wird, um Landschaft und Architektur zu erstehen.
Unsere Lehre daraus: Das Wissen um die Funktion der früheren bäuerlichen Versorgungswirtschaft erweitert unsere Vorstellungskraft für eine zukunftsfähige Regionalwirtschaft, die mit Klima, Umwelt und Kultur verträglich ist.
Am Nachmittag hat uns der Schweizer Bergbauer Armin Capaul seine international beachtete Idee eines Hörnerfranken vorgestellt und die Reaktionen von Administration und Gesellschaft. Beinahe wäre seine Idee im der von ihm initiierten Volksabstimmung erfolgreich gewesen, wenn die Beharrungskräfte der Macht die Diskussion nicht Hörner sondern auf die Frage, ob Hörner in die Erfassung gehören, abgelenkt hätten. Dabei waren die Landwirte gespalten, weil die einen für artgerechte Ställe längst Kühe ohne Hörner züchten und die anderen einen, man könne da eh nichts machen. Die mediale Resonanz gibt Armin Capaul die Kraft weiter für den Hörnerfranken zu kämpfen statt seine Idee dem Marketing u überlassen. Seine Lehre ist, dass die da oben in Bern vor mir Angst haben, meine Idee einen Mangel des geförderten Fortschritts offenlegt.
Unsere Lehre daraus: Die Geschichte mit dem Hörnerfranken erinnert an viele Initiativen, die an der gespaltenen Haltung der Landwirte gescheitert sind. Es wäre an der Zeit, dass die zur Minderheit geschrumpfte Landwirtschaft statt statt sich um einzelbetriebliche wie Milch- oder Ackerbauern, bio oder konventionell oder Haupt- und Nebenerwerb zu streiten, den Dialog in der Landwirtschaft und in der Region pflegen würde. Dazu sind mutige und kluge Argumente notwendig, wie Armin Capaul vormacht.
Bei dem letzten Treffen vor den Coronabeschränkungen am Aschermittwoch erklärte uns Christian Hiß aus seinen Erfahrungen mit seiner Regionalwert AG, was für faire Wirtschaftskreisläufe notwendig ist. Er hat das Hemmnis in der herrschenden Buchhaltung entdeckt, die aus der Industrie stammt. Denn die ist für die Förderung der Bodenfruchtbarkeit und Tier- und Artenschutz ebenso blind wie für regionale Beziehungen. Deshalb hat er eine erweiterte Buchhaltung zum Richtig Rechnen entwickelt. Erste Ergebnisse konnte er vorstellen, die zeigen, dass das bisherige Fördersystem die Leistungen für Boden- Tier- und Umweltschutz nicht ausreichend honoriert.
Unsere Lehre daraus: de Ökonomie mit ihrer Buchhaltung übersieht die Multifunktion der Landwirtschaft. Um faire Wettbewerbsbedingungen ür regionale Beziehungen zum Schutz von Klima und Umwelt zu schaffen, muss die landwirtschaftliche Ökonomie reformiert werden.
Zu Weidegesprächen konnten wir uns wegen den Coronaregeln dies Jahr nicht treffen. Der trockene Frühling und der dritte Hitzesommer haben unsere Beobachtungen in den Vorjahren jedoch bestätigt. Grünland ist eben nicht gleich Grünland, sondern das Spiegelbild von Standort (Klima, Boden und Exposition) und Bewirtschaftung! Als Dauerkultur hat es zwar eine hohe Regenerationskraft, aber mit der Klimaerwärmung wird sein Ertragspotential von den Standortfaktoren abhängiger. Deshalb verschiebt sich auch die klassische Einordung als intensiv oder extensiv bzw. Wirtschafts- oder Naturschutzgrünland. Der deutsche Grünlandverband hat uns aufgefordert, diese Veränderungen im Schwarzwald zu formulieren.
Unsere Lehre daraus: Die standardisierte Betrachtung von Grünland verliert mit der Klimaerwärmung an Richtigkeit, weil die Standorteinflüsse wichtiger werden.
Zum Erntedankgespräch haben wir uns zu einer Wanderung um die Höhe von Grub und Holz in Schonach getroffen. Dort offenbarte sich, wie die Ernte Ihre Bedeutung mit dem höflich Strukturwandel genannten Wachsen und Weiden verliert. Was mit Vergrünlandung und Spezialisierung auf Milch- oder Mutterkühe als Fortschritt angefangen hat, war der Wandel von der lokalen Ernte zur Fremdversorgung. Weil dieser Fortschritt übersehen hat, dass Milch und Fleisch vom Berggrünland auf volle Märkte trifft, hat er den Strukturwandel beschleunigt. Die Politik lenkt mit Thesen von Offenhaltung der Landschaft, Landschaftspflege und Diversifizierung von der Ernte aus der Kulturlandschaft ab. Oder sind Wohnen und Freizeit in der Landschaft allein schon Ernte?
Unsere Lehre daraus: Unsere Landschaft ist aus der Lokalen Versorgungswirtschaft entstanden. Mit dem Strukturwandel verschwinden nicht nur Höfe und Vielfalt, sondern alle werden abhängiger. Deshalb sollte das Verhältnis zwischen Stadt bzw. Dorf und Land neu gedacht werden, wie es Prof. Bätzing anregt.
Zum Int. Tag der Berge konnten wir uns wieder nicht treffen und haben deshalb versucht die Situation im Schwarzwald und notwendige Auswege in einer Presseerklärung zu thematisieren. Die zur gleichen Zeit in Norddeutschland mit Riesentraktoren demonstrierenden Landwirte waren vor den Lagern der Konzerne waren den Medien wichtiger. Dabei sind die Berglandprobleme und die im norddeutschen Flachland zwei Seiten der Medaille Landwirtschaft, in der die Rechnung des Land Bewirtschaften nicht mehr aufgeht. Denn die aggressive Werbung der Konzerne mit Billigangeboten drängt die einen aus der Produktion und die anderen zur rücksichtslosen Intensivierung. Erfreulich ist, dass das Agrarbündnis unsere Presseerklärung verbreitet hat.
Unsere Lehre daraus: Unsere Medienwelt wünscht einfache Sensationen mit Feindbildern, die aber Ursache und Wirkung verwischen. Deshalb halten wir es für richtig auf die Zusammenhänge von Strukturwandel, Klima, Biodiversität, Tierwohl und Regionalität aufmerksam zu machen mit dem Motto Kulturwandel statt Strukturwandel.