der Mai ist gekommen, die Bäume schlagen aus, da bleibe wer Lust hat mit Sorgen zu Haus… Dieses alte Volkslied hat seinen Sinn gewandelt. Denn Bäume treiben bis in mittlere Höhenlagen inzwischen im April schon aus und mit Sorgen zu Hause bleiben, hat die Coronapandemie zur Pflicht gemacht. Sie hat in Medien und Politik auch die Klimaerwärmung verdrängt, deren Folgen die Schwarzwaldbauern in diesem Frühling mehrfach spüren. Erst haben zwei Stürme viele Wälder verwüstet und dem frostigen März folgte ein April ohne Regen. Der Mai hat mit einer Dürre begonnen, in der sogar der Löwenzahn nur spärlich blüht. Hoffen wir auf genug Mairegen. Sollten wir aber statt über diese Krisen zu klagen, uns Gedanken machen, wie wir gegen Krisen widerstandsfähiger oder neudeutsch resilienter werden?
Politik zwischen Corona- und Wirtschaftskrise
Was die Politik gegen die Ausbreitung des neuen Coronavirus beschlossenen hat, war bisher unvorstell-bar. Etwas von diesem Mut würden wir uns wünschen, wenn es z.B. um die Genehmigung von Megaställen mit tausend und mehr Kühen geht. Aber erst die Angst vor der Gesundheit und der Überforderung seines rationalisierten Systems hat ein politisches Wettrennen um Maßnahmen gegen den neuen Virus entfacht. Inzwischen hat es sich infolge des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Drucks zu einem Wettlauf zur Lockerung gewandelt. Die Normalisierung mit Abstands- und Hygiene-regeln ist ein neues Spannungsfeld, wie auch die regionale Regelungen der Lockerungen in einem freien Markt.
Die neuen Herausforderungen für Landwirtschaft und Agrarpolitik?
Auch die Landwirtschaft hat mit Virusseuchen Erfahrungen. Von Abbaukrankheiten der Kartoffeln über die Maul- und Klauenseuche, Vogel-, Schweine und Rindergrippen (aktuell BVD) bis zur Blauzungen-krankheit. Auch hier dienen die Maßnahmen nicht immer nur der Tiergesundheit, sondern dienen oder hemmen den globalen Tierhandel, mit dem die Infektionen eingeschleppt wurden.
Die neuen Coronainfektionen in mehreren Fleischfabriken offenbaren die imperiale Situation unseres Ernährungssystems, wie zuvor schon die doch eingeflogenen Saisonarbeiter für die Spargel- und Erdbeerernte. Die Diskussion um die Agrarpolitik sollte endlich hier ansetzten. Denn unsere Ernährung basiert auf Menschen und Land in anderen Ländern, schädigt mit ihren Transporten Klima und Umwelt und behindert im eigenen Land eine ökologisch angepasste flächendeckende Landwirtschaft, wie z.B. im Schwarzwald. Die Entscheidungen über die europäische Agrarpolitik (GAP) nach 2020 stehen an und die Gefahr ist groß, dass die GAP in der Coronakrise unter einer grünen Architektur zum Steinbruch wird. Deshalb zwei Impulse für eine gerechte Agrarpolitik:
- Die neue Dürre offenbart wieder die großen Bodenunterschiede, die von allen pauschalen Hektar-prämien ignoriert wird. Wir regen deshalb an, die unbürokratische Ausgleichszulage nicht weiter abzubauen, sondern sie zur standortgerechten Grundlage aller Direktzahlungen zu machen.
- Greening und Agrarumweltmaßnahmen befriedigen die Umweltforderungen oft nicht und sind mit immer mehr Bürokratie verbunden. Deshalb schlagen wir vor, die von Christian Hiß entwickelte beim Aschermittwochsgespräch vorgestellte Regionalwert-Nachhaltigkeitsbilanz als Grundlage für die Honorierung ökologischer, sozialer und regionalwirtschaftlicher Leistungen zu erproben.
Unser aktueller Lesetipp: ALL YOU NEED IS LESS – Eine Kultur des Genug aus ökonomischer und buddhistischer Sicht von Manfred Folkers und Niko Paech.